Sohn der Freien vs. Sohn der Magd

Besonders für Geschwistern, die aus der Kirche kommen, dürfte diese Frage wohl einiges Kopfzerbrechen bereiten. Der Abschnitt den ich heute betrachten möchte ist Galater 4:21-31. Das ist so ziemlich der Kampfhund der Gesetzlosen und bietet oft ein anschauliches Beispiel für eine gedankenlose und von Unverständnis strotzende Interpretation. Daher möchten wir uns heute diesen Abschnitt einmal ganz genau ansehen.

„Sagt mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt: Hört ihr das Gesetz nicht?“

Unter dem Gesetz sein bedeutet nicht, das Gesetz halten. Es bedeutet durch das Halten des Gesetzes die Erlösung verdienen zu wollen unabhängig von der Gnade (Römer 6:14+15).

„Es steht doch geschrieben, dass Avraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd, den anderen von der Freien. Der von der Magd war gemäß dem Fleisch geboren, der von der Freien aber kraft der Verheißung.“

Der Sohn, der aus dem Fleisch geboren ist, ist Jischmael, Sohn der Magd Hagar. Der Sohn der Verheißung ist Jitzchak, Sohn der Sarah. Gott offenbarte dem Avraham, dass sein Same die Verheißung erben sollte. Avraham hatte aber keinen Sohn und glaubte nicht daran, dass es Gott möglich sei durch den unfruchtbaren Leib der Sarah diese Verheißung zu erfüllen. Avraham griff zu menschlichen Mitteln um Gottes Plan auf die Sprünge zu helfen und zeugte mit der Hagar den Jischmael. Das ist aber nicht der Weg Gottes und so gebar Sarah den Jitzchak. Der Versuch Avrahams, Gottes Willen aus eigener Kraft zu erfüllen, wurde nicht akzeptiert (und hat großes Leid über die Welt gebracht). Genau so wird Gott es nicht akzeptieren, wenn Leute zu menschlichen Geboten und Traditionen ihre Zuflucht nehmen um Gottes Gebote zu halten. Keine einzige der ca. 1000 rabbinischen Regularien bezüglich des Schabbat, können dem Menschen dabei helfen den Zweck des Schabbat so zu erfüllen, wie es der Schöpfer will. Kein Mensch kann durch das einfach Einhalten von Handlungen und Ritualen die Gunst unseres allmächtigen Gottes erlangen, oder gar verdienen.

„Das hat einen bildlichen Sinn: Dies sind nämlich die zwei Bündnisse; das eine vom Berg Sinai, das zur Knechtschaft gebiert, das ist Hagar. Denn »Hagar« bedeutet den Berg Sinai in Arabien und entspricht dem jetzigen Jeruschalajim, und es ist in Knechtschaft samt seinen Kindern.“

Im ersten Bund, dem Bund vom Sinai, wurde das Gesetz auf steinerne Tafeln geschrieben, es wurde dem Menschen überlassen, dieses Gesetz auf das eigene Herz zu schreiben (Sprüche 7:1-3). Dies wurde dem Menschen zur Knechtschaft; nicht weil das Gesetz schlecht ist, denn es ist ja heilig, gerecht und gut (Römer 7:12), sondern weil der Mensch versuchte es auf fleischliche Art und Weise zu halten und somit die Verheißung, wie Avraham, im Fleisch zu erfüllen, was unmöglich ist, da das Fleisch in Feindschaft zu Gottes Geboten steht. (Römer 8:7)
Wir kennen die Auswüchse der menschlichen Versuche die Torah auf eigene Faust zu halten nur zu gut. Es wurden viele Menschengebote hinzugedichtet, nur um dann wieder menschliche Wege zu finden, diese zu umgehen (Überlieferungen der Alten, Pharisäismus, Mischna, Talmud, ...). So wurde die Anweisung Gottes zu einer juristischen Spielerei pervertiert und nicht als heilsame Lehre angewandt. Wie gesagt, ist das nicht die Schuld Gottes oder der Torah, sondern der Menschen.
Wie wird dieses Dilemma nun gelöst? Wie kann der sündige, fleischliche Mensch aus dieser Zwickmühle befreit werden?

Jeremia 31:31-33:
„Siehe, es kommen Tage, spricht Ja, da ich mit dem Haus Jisrael und mit dem Haus Jehudah einen neuen Bund schließen werde; nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern schloss an dem Tag, da ich sie bei der Hand ergriff, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen; denn sie haben meinen Bund gebrochen, obwohl ich doch ihr Eheherr war, spricht Jahweh. Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Jisrael nach jenen Tagen schließen werde, spricht Jahweh: Ich will meine Torah in ihr Innerstes hineinlegen und es auf ihre Herzen schreiben, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein;…“

Das ist Die Prophezeiung über den „Neuen Bund“. Hier wird der Sinn und Zweck der ganzen Geschichte des neuen Testaments beschrieben. Es ist nicht die Auflösung der Dinge, sondern die Bestätigung, nicht das Hinwegnehmen, sondern das noch tiefer Hineinlegen. Die Lösung ist, dass Gott sein Gesetz, seine Torah, in unsere Herzen schreibt. Der neue Bund kommt nicht um uns von einem angeblich unhaltbaren Gesetz zu befreien, er kommt auch nicht um uns aus einer angeblichen göttlichen Sklaverei zu befreien, sondern weil wir den Bund brachen und uns somit zu Sklaven der Sünde machten. Gott richtet den Bund wieder auf und schreibt seine Torah in unsere Herzen, damit wir sie nicht mehr brechen wollen. Aus einem „Du sollst…“ wird ein „Ich will…“. Das ist das obere Jeruschalajim, das ist die Verheißung; das Gesetz ändert sich nicht. Wir werden verändert. Die Sklaverei ist nicht das Gesetz, sondern der Zustand der Gesetzesübertretung (Römer 6:16)

„Das obere Jeruschalajim aber ist frei, und dieses ist die Mutter von uns allen. Denn es steht geschrieben: »Freue dich, du Unfruchtbare, die du nicht gebierst; brich in Jubel aus und jauchze, die du nicht in Wehen liegst, denn die Vereinsamte hat mehr Kinder als die, welche den Mann hat«. Wir aber, Brüder, sind nach der Weise des Jitzchak Kinder der Verheißung. Doch gleichwie damals der gemäß dem Fleisch Geborene den gemäß dem Geist [Geborenen] verfolgte, so auch jetzt. Was aber sagt die Schrift? »Treibe die Magd hinaus und ihren Sohn! Denn der Sohn der Magd soll nicht erben mit dem Sohn der Freien«. So sind wir also, Brüder, nicht Kinder der Magd, sondern der Freien.“

Hier geht es eindeutig nicht um die armen Sklaven, die immer noch nach dem Gesetz der Torah leben wollen. Sondern um die, die der Meinung sind durch ihre eigenen fleischlichen Bestrebungen gerettet zu werden. Hier geht es nicht um die Aufhebung des göttlichen Standards, sondern um unsere Verwandlung zu diesem hin. Und hier geht es auch nicht um die Ersetzung des Volkes Jisrael durch die Kirche, sondern um die Erneuerung des Bundes mit ganz Jisrael.

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